Dass ein mangelhafter, „chaotischer“ und „arroganter“ Bewerbungsprozess negative Auswirkungen haben kann, dürfte Tesla in Grünheide Anfang des Jahres sicherlich erlebt haben. Nur wird in diesem Fall das positive Image des Unternehmens diese Problematik vermutlich ganz gut abgefangen haben.
Nun kann sich aber nur eine kleine Anzahl von Unternehmen auf eine derart bekannte und imagestarke Unternehmensmarke stützen. Der Großteil der rekrutierenden Arbeitgeber muss sich permanent und mit großen Ambitionen um eine positive Candidate Journey bemühen. Die Möglichkeiten sind schier unendlich, die Berührungspunkte vielfältig. Und meistens machen einem der Wettbewerb oder andere äußeren Umstände das Leben doppelt schwer.
Welche Möglichkeiten Sie zur Optimierung der Candidate Journey und Candidate Experience nutzen sollten, haben wir Ihnen einmal auf den Punkt gebracht. Darüber hinaus setzen wir dies in den Kontext von Employer Branding. Denn beides ist untrennbar miteinander verwoben.
Unter der Candidate Journey versteht man die „Reise“, die Ihre zukünftigen Mitarbeitenden durchlaufen, bevor sie vom potenziellen Kandidaten zum Bewerber und dann Ihrem Mitarbeiter werden. Dabei kommen die Menschen an verschiedenen sogenannten Touchpoints mit Ihrem Unternehmen in Kontakt. Diese Kontaktpunkte definieren nun die individuelle Kandidatenreise.
Jeder Kandidat durchläuft hierbei fünf Phasen vom ersten Kontakt mit dem Arbeitgeber, der Informationsphase, über die Bewerbungs- und Auswahlphase und beendet die Reise nach dem Onboarding als Ihr Mitarbeiter. Wie Ihr Kandidat diese Reise erlebt und welche Erfahrungen (positiv oder negativ) er sammelt, bezeichnet man als Candidate Experience.
Auf dieser Candidate Journey gibt es vielfältige Möglichkeiten, an denen ein Kandidat abspringt bzw. den Bewerbungsprozess abbricht. Für Sie als Arbeitgeber ist es elementar, für eine erfolgreiche Rekrutierung die Reise so zu optimieren, dass die positiven Erfahrungen mit Ihrem Unternehmen überwiegen und ein Bewerbungsabbruch unwahrscheinlicher wird.
In dieser Phase machen Sie erstmalig auf sich als Arbeitgeber aufmerksam. In sozialen Medien zum Beispiel oder über Stellenanzeigen rücken Sie in den Fokus der Kandidat:innen. Dies kann direkt durch aktive Stellensuche geschehen oder indirekt, wenn sich die Kandidat:innen (noch) nicht auf Jobsuche befinden.
In dieser Phase ist das Interesse an Ihrem Unternehmen schon einmal geweckt. Jetzt möchten sich die Kandidat:innen mit dem Unternehmen tiefer beschäftigen und unkompliziert herausfinden, ob Ihr Unternehmen als potentieller neuer Arbeitsplatz für sie in Frage kommt. Sie besuchen hierzu Ihre Unternehmens- und Karriereseite, durchforsten die sozialen Medien oder tummeln sich auf Bewertungsplattformen.
Sie konnten mit den ersten Informationen überzeugen, denn jetzt möchte sich der Kandidat bei Ihnen bewerben. Und das möglichst rasch und ohne Umwege. Zu dieser Phase zählen alle Kontakte mit den Kandidat:innen, bevor es zu einem ersten Gespräch kommt. Durch zu lange oder komplizierte Bewerbungsprozesse, ggf. sogar mit Registrierungs-Zwang, kommt es hier sehr häufig zu Abbrüchen.
Jetzt finden die ersten persönlichen Gespräche statt. Und nun beweist sich für den Kandidaten, ob Sie als neuer Arbeitgeber wirklich in Frage kommen. Da Sie sicherlich nicht das einzige Unternehmen sind, mit dem die Kandidat:innen im Gespräch sind, werden Sie unmittelbar mit Ihrem Wettbewerb verglichen. Diese Phase endet mit der beidseitigen Zusage und dem unterzeichneten Vertrag.
Mit dem Onboarding wird der nun frisch gebackene Mitarbeitende in das Unternehmen eingeführt. Und das beginnt bereits vor dem ersten Arbeitstag. Kandidat:innen ist in dieser Phase vor allem Wertschätzung (durch z.B. eine gelebte Willkommenskultur) aber auch eine strukturierte Einarbeitung und das Kennenlernen von Kultur und Werten wichtig.
Die Candidate Journey mit all ihren Touchpoints stellt das Tor zu Ihrer Arbeitswelt dar. Nur durch das, was Sie an die Öffentlichkeit lassen, bekommen Kandidat:innen einen Einblick und gewinnen so einen Eindruck, der Ihre Entscheidung beeinflusst. Daher ist es unerlässlich, während der gesamten Candidate Journey glaubwürdig, wertschätzend und transparent aufzutreten.
Begreifen Sie die Candidate Journey als ausführendes Organ Ihres Employer Brandings. Halten Sie sich immer vor Augen, dass Sie an jedem einzelnen Berührungspunkt die Möglichkeit haben, Ihre Positionierung als Arbeitgeber zu stärken. Und bedenken Sie, dass Sie auf dieser Reise immer nur so überzeugend und attraktiv auftreten können, wie Sie es in der Employer-Branding-Strategie definiert haben.
Diese gibt Ihnen nämlich den Kompass vor. Denn hier ist Ihr ganz individuelles Auftreten mit zielgruppenspezifischen Inhalten & Botschaften, der entsprechenden Tonalität und den Maßnahmen bereits definiert. Adaptieren Sie diese Inhalte in sich konsistent auf die Touchpoints. So geben Sie interessierten Kandidat:innen ein einheitliches Bild von sich selbst als Arbeitgeber und können überzeugen.
Lernen Sie Kandidaten verstehen. Nicht jeder Kandidat durchläuft die vollkommen identische Candidate Journey. Versetzen Sie sich in die Kandidaten hinein und begreifen Sie im Detail, welche Anforderungen die spezifischen Zielgruppen an den jeweiligen Touchpoints haben.
Analysieren Sie Ihre Candidate Journey. Mithilfe einer Candidate Journey Map können Sie positive wie negative Erfahrungen an allen Touchpoints sichtbar machen.
Priorisieren Sie die Touchpoints nach Zielgruppenrelevanz. Sie müssen nicht jeden möglichen Berührungspunkt mit Kandidaten gleichermaßen bedienen. Twitter kann, aber wird in den meisten Fällen kein relevanter Kanal sein.
Die besten Talente wollen die besten Recruiting Prozesse. Umwerben Sie Ihre Kandidaten durch einen kandidatenzentrierten Prozess und zeigen Sie so schon Ihre Wertschätzung, bevor der Kandidat zu Ihrem Mitarbeiter wird.
Positionieren Sie sich. Kommunizieren Sie, wann immer möglich und angebracht, die überzeugenden Argumente Ihrer Arbeitgebermarke und sorgen Sie so für einen konsequenten und sichtbaren Auftritt nach außen.
Schaffen Sie persönliche Kontaktmöglichkeiten. Kandidat:innen bevorzugen einen persönlichen Ansprechpartner während der gesamten Candidate Journey. Wann immer möglich, bieten Sie eine Kontaktmöglichkeit an und führen Sie dies bis zum ersten Arbeitstag fort.
Erzählen Sie, was als nächstes passiert. Zeigen Sie größtmögliche Transparenz im kompletten Bewerbungsprozess. Schaffen Sie durch Zeitvorgaben und klare nächste Schritte Verbindlichkeit und Nähe zum Bewerber.
Auch eine Ablehnung kann ein positives Gefühl hinterlassen. Bleiben Sie auch in der Absage potenzieller Kandidat:innen Ihren Werten und Ihrer Kommunikation treu. Zeigen Sie Wertschätzung und laden Sie den Kandidaten in Ihren Bewerberpool für zukünftige Positionen ein.
Sprechen Sie mit einer Stimme. Jede am Recruiting Prozess beteiligte Person in Ihrem Unternehmen sollte die Candidate Journey mit ihren Kontaktpunkten und Inhalten genau kennen. Bringen Sie Ihre Kolleg:innen regelmäßig auf den neuesten Stand und tauschen Sie sich zu Erfahrungen aus.
Die Technik muss funktionieren. Die besten Inhalte funktionieren nicht, wenn es die Technik nicht tut. Sorgen Sie für mobil- und SEO-optimierte Inhalte, die unkompliziert und intuitiv erreichbar sind und verhindern Sie so Abbrüche.
Für Sie als Arbeitgeber ist es elementar, ein Verständnis für Ihre Candidate Journey zu bekommen, sich in Ihre Kandidat:innen hineinzuversetzen und die Reise so zu optimieren, dass Sie Kandidat:innen von sich überzeugen und zu einer Bewerbung bewegen.
Zeigen Sie ehrliches Interesse an den Talenten, die Sie für sich gewinnen wollen und bleiben Sie an allen Touchpoints authentisch, transparent und informativ. Aber ohne Arbeitgebermarke werden Sie der Candidate Journey immer nur reaktiv begegnen können.
Betten Sie sie daher in eine für Ihr Unternehmen und Ihre Zielgruppen passgenauen Employer Branding Strategie ein und Sie haben alle Trümpfe in der Hand, um Ihre Arbeitgebermarke nachhaltig zu stärken und auch in Zukunft Ihre Wunschkandidat:innen für sich zu begeistern.