Dass ein mangelhafter, „chaotischer“ und „arroganter“ Bewerbungsprozess negative Auswirkungen haben kann, dürfte Tesla in Grünheide Anfang des Jahres 2021 sicherlich erlebt haben. Nur wird in diesem Fall das positive Image des Unternehmens (das sieht 2025 schon wieder ganz anders aus) diese Problematik vermutlich ganz gut abgefangen haben.
Nun kann sich aber nur eine kleine Anzahl von Unternehmen auf eine derart bekannte und imagestarke Unternehmensmarke stützen.
Der Großteil der rekrutierenden Arbeitgeber muss sich permanent und mit großen Ambitionen um eine positive Candidate Journey bemühen. Die Möglichkeiten sind schier unendlich, die Berührungspunkte vielfältig. Und meistens machen einem der Wettbewerb oder andere äußeren Umstände das Leben doppelt schwer.
Welche Möglichkeiten Du zur Optimierung der Candidate Journey und Candidate Experience nutzen solltest, haben wir hier einmal auf den Punkt gebracht. Darüber hinaus setzen wir dies in den Kontext von Employer Branding. Denn beides ist untrennbar miteinander verwoben.
Unter der Candidate Journey versteht man die „Reise“, die Eure zukünftigen Mitarbeitenden durchlaufen, bevor sie vom potenziellen Kandidaten zum Bewerber und dann Eurem Mitarbeitenden werden. Dabei kommen die Menschen an verschiedenen sogenannten Touchpoints mit Eurem Unternehmen in Kontakt. Diese Kontaktpunkte definieren nun die individuelle Kandidatenreise.
Jeder Kandidat durchläuft hierbei fünf Phasen vom ersten Kontakt mit dem Arbeitgeber, der Informationsphase, über die Bewerbungs- und Auswahlphase und beendet die Reise nach dem Onboarding als Euer Mitarbeitender. Wie Euer Kandidat diese Reise erlebt und welche Erfahrungen (positiv oder negativ) er sammelt, bezeichnet man als Candidate Experience.
Auf dieser Candidate Journey gibt es vielfältige Möglichkeiten, an denen ein Kandidat abspringt bzw. den Bewerbungsprozess abbricht. Für Euch als Arbeitgeber ist es elementar, für eine erfolgreiche Rekrutierung die Reise so zu optimieren, dass die positiven Erfahrungen mit Ihrem Unternehmen überwiegen und ein Bewerbungsabbruch unwahrscheinlicher wird.
In dieser Phase macht Ihr erstmalig auf Euch als Arbeitgeber aufmerksam. In sozialen Medien zum Beispiel oder über Stellenanzeigen rückt Ihr in den Fokus der KandidatInnen. Dies kann direkt durch aktive Stellensuche geschehen oder indirekt, wenn sich die KandidatInnen (noch) nicht auf Jobsuche befinden.
In dieser Phase ist das Interesse an Eurem Unternehmen schon einmal geweckt. Jetzt möchten sich die KandidatInnen mit dem Unternehmen tiefer beschäftigen und unkompliziert herausfinden, ob Dein Unternehmen als potentieller neuer Arbeitsplatz für sie in Frage kommt. Sie besuchen hierzu Eure Unternehmens- und Karriereseite, durchforsten die sozialen Medien oder tummeln sich auf Bewertungsplattformen.
Ihr konntet mit den ersten Informationen überzeugen, denn jetzt möchte sich der Kandidat bei Euch bewerben. Und das möglichst rasch und ohne Umwege. Zu dieser Phase zählen alle Kontakte mit den KandidatInnen, bevor es zu einem ersten Gespräch kommt. Durch zu lange oder komplizierte Bewerbungsprozesse, ggf. sogar mit Registrierungs-Zwang, kommt es hier sehr häufig zu Abbrüchen.
Jetzt finden die ersten persönlichen Gespräche statt. Und nun beweist sich für den Kandidaten, ob Ihr als neuer Arbeitgeber wirklich in Frage kommen. Da Ihr sicherlich nicht das einzige Unternehmen seid, mit dem die KandidatInnen im Gespräch sind, werdet Ihr unmittelbar mit Eurem Wettbewerb verglichen. Diese Phase endet mit der beidseitigen Zusage und dem unterzeichneten Vertrag.
Mit dem Onboarding wird der nun frisch gebackene Mitarbeitende in das Unternehmen eingeführt. Und das beginnt bereits vor dem ersten Arbeitstag. KandidatInnen ist in dieser Phase vor allem Wertschätzung (durch z.B. eine gelebte Willkommenskultur) aber auch eine strukturierte Einarbeitung und das Kennenlernen von Kultur und Werten wichtig.
Die Candidate Journey mit all ihren Touchpoints stellt das Tor zu Eurer Arbeitswelt dar. Nur durch das, was Ihr an die Öffentlichkeit lasst, bekommen KandidatInnen einen Einblick und gewinnen so einen Eindruck, der ihre Entscheidung beeinflusst. Daher ist es unerlässlich, während der gesamten Candidate Journey glaubwürdig, wertschätzend und transparent aufzutreten.
Begreift die Candidate Journey als ausführendes Organ Eures Employer Brandings. Haltet Euch immer vor Augen, dass Ihr an jedem einzelnen Berührungspunkt die Möglichkeit habt, Eure Positionierung als Arbeitgeber zu stärken. Und bedenkt, dass Ihr auf dieser Reise immer nur so überzeugend und attraktiv auftreten können, wie Ihr es in der Employer-Branding-Strategie definiert habt.
Diese gibt Euch nämlich den Kompass vor. Denn hier ist Euer ganz individuelles Auftreten mit zielgruppenspezifischen Inhalten & Botschaften, der entsprechenden Tonalität und den Maßnahmen bereits definiert. Adaptiert diese Inhalte in sich konsistent auf die Touchpoints. So gebt Ihr interessierten KandidatInnen ein einheitliches Bild von Euch selbst als Arbeitgeber und könnt überzeugen.
Unsere Checkliste mit 60 Fragen hilft Dir zu verstehen, wie ausgereift Dein Employer Branding ist und welche Aufgaben auf Dich warten, um erfolgreich als Arbeitgeber aufzutreten.
Lerne KandidatInnen verstehen. Nicht jeder Kandidat, nicht jede Kandidatin durchläuft die vollkommen identische Candidate Journey. Versetze Dich in die Kandidaten hinein und begreife im Detail, welche Anforderungen die spezifischen Zielgruppen an den jeweiligen Touchpoints haben.
Analysiere Eure Candidate Journey. Mithilfe einer Candidate Journey Map kannst Du positive wie negative Erfahrungen an allen Touchpoints sichtbar machen.
Priorisiere die Touchpoints nach Zielgruppenrelevanz. Ihr müsst nicht jeden möglichen Berührungspunkt mit KandidatInnen gleichermaßen bedienen. X (ehemals Twitter) kann, aber wird in den meisten Fällen kein relevanter Kanal sein.
Die besten Talente wollen die besten Recruiting Prozesse. Umwerbt Eure KandidatInnen durch einen kandidatenzentrierten Prozess und zeigt so schon Eure Wertschätzung, bevor der Kandidat zu Eurem Mitarbeitenden wird.
Positionieren Euch. Kommuniziert, wann immer möglich und angebracht, die überzeugenden Argumente Eurer Arbeitgebermarke und sorgt so für einen konsequenten und sichtbaren Auftritt nach außen.
Schafft persönliche Kontaktmöglichkeiten. KandidatInnen bevorzugen einen persönlichen Ansprechpartner während der gesamten Candidate Journey. Wann immer möglich, bietet eine Kontaktmöglichkeit an und führt dies bis zum ersten Arbeitstag fort.
Erzählt, was als nächstes passiert. Zeigt größtmögliche Transparenz im kompletten Bewerbungsprozess. Schafft durch Zeitvorgaben und klare nächste Schritte Verbindlichkeit und Nähe zum Bewerber.
Auch eine Ablehnung kann ein positives Gefühl hinterlassen. Bleibt auch in der Absage potenzieller KandidatInnen Euren Werten und Eurer Kommunikation treu. Zeigt Wertschätzung und ladet den Kandidaten oder die Kandidatin in Euren Bewerberpool für zukünftige Positionen ein.
Sprecht mit einer Stimme. Jede am Recruiting Prozess beteiligte Person in Eurem Unternehmen sollte die Candidate Journey mit ihren Kontaktpunkten und Inhalten genau kennen. Bringt Eure KollegInnen regelmäßig auf den neuesten Stand und tauscht Euch zu Erfahrungen aus.
Die Technik muss funktionieren. Die besten Inhalte funktionieren nicht, wenn es die Technik nicht tut. Sorgt für mobil- und SEO-optimierte Inhalte, die unkompliziert und intuitiv erreichbar sind und verhindert so Abbrüche.
Für Euch als Arbeitgeber ist es elementar, ein Verständnis für Eure Candidate Journey zu bekommen, sich in Eure Kandidat:innen hineinzuversetzen und die Reise so zu optimieren, dass Ihr KandidatInnen von Euch überzeugt und zu einer Bewerbung bewegt.
Zeigt ehrliches Interesse an den Talenten, die Ihr für Euch gewinnen wollt und bleibt an allen Touchpoints authentisch, transparent und informativ. Aber ohne Arbeitgebermarke werdet Ihr der Candidate Journey immer nur reaktiv begegnen können.
Bettet sie daher in eine für Euer Unternehmen und Eure Zielgruppen passgenauen Employer Branding Strategie ein und Ihr habt alle Trümpfe in der Hand, um Eure Arbeitgebermarke nachhaltig zu stärken und auch in Zukunft Eure WunschkandidatInnen für Euch zu begeistern.