Nach der EVP: Alles für die Tonne?!

Immer wieder erleben wir in Kundenprojekten einen Irrglauben: Die Idee, mit dem Erarbeiten von EVP, den Arbeitgeberwerten und der Arbeitgebermarke selbst jetzt das Projekt abschließen zu können, hält sich hartnäckig. Die Erleichterung nach getaner, harter Arbeit ist auf Kundenseite groß, die Zuneigung zur neuen Marke auch. Dennoch befinden sich viele unserer Ansprechpartner genau dann am vielleicht wichtigsten Scheideweg des Prozesses: Entweder geht die Marke durch die Decke oder sie verschwindet in der Schublade. Weil sie niemals zum Leben erweckt wird. Weder nach innen (wichtig!!), noch nach außen. Warum also ist das so und wie biegt man richtig ab??

Große Augen bei allen Beteiligten.

Auf Kundenseite, weil man ja jetzt schließlich eine Arbeitgebermarke hat und die sollte jetzt bitte schön auch wirken und die gesteckten Ziele im Recruiting befeuern. Und auch wir Cakes bekommen zu diesem Zeitpunkt oft große Augen, weil wir bereits zu Beginn des Projekts mantraartig von der sich anschließenden Employer-Branding-Strategie und der Implementierungsphase gesprochen und immer wieder betont haben, wie wichtig das Überführen der Arbeitgebermarke von der Theorie in die Praxis ist. Dennoch: Wir kommen häufig an den Punkt, dass Kunden die Wichtigkeit der nächsten Schritte unterschätzen.

Die Gründe dafür sind vielfältig:

1. Das liebe Geld.

Oft sind es Budgetpläne im laufenden Geschäftsjahr, die eine fertige Arbeitgebermarke zunächst in der Schublade verschwinden und dort versauern lassen. Denn zu Beginn des Projektes können wir natürlich noch nicht zu 100 Prozent klar festlegen, welche Maßnahmen denn später wirklich nötig sind: Das hängt von der späteren Marke selbst, den gesteckten Zielen, den zu entwickelnden Kernbotschaften und den im Verlauf definierten Zielgruppen und deren Erwartungsverhalten ab. Natürlich geben wir bereits zu diesem Zeitpunkt eine Empfehlung, mit welchem Budget man denn ungefähr in dieser Phase rechnen sollte. Oft wird das aber als „Aufgabe in ferner Zukunft“ wahrgenommen, so dass die geplanten Ausgaben dann doch noch nicht in dem Maße zur Verfügung stehen, wie eigentlich angedacht und auch benötigt.

2. Das Setzen falscher Prioritäten.

Weitaus häufiger ist das subjektive Empfinden, dass „diese Implementierung“ ja gar nicht so umfangreich sein muss, „die Karriereseite und die neue Stellenanzeige sind doch genug?!“ Mitnichten. Diese Kanäle sind unbestritten ein sehr wichtiger Baustein in der Employer-Branding-Strategie – aber bei weitem nicht ausreichend, um sich attraktiv zu positionieren. Denn nach innen zum Beispiel wirken diese Maßnahmen wenig bis gar nicht. Die Unternehmen vergessen leider allzu oft, dass eine ihrer wichtigsten Zielgruppen die bestehende Mitarbeiterschaft ist. Und die gilt es ebenso an die neue Arbeitgebermarke zu binden und als Cheerleader mit imaginären Pompons zu gewinnen. Und dazu braucht es spezifische interne Kommunikationsmaßnahmen. Die Karriereseite und die Stellenanzeige, die sich vor allem an externe BewerberInnen richten, helfen da nur bedingt.

3. Die Arbeitgebermarke verändert etwas.

In keinem Unternehmen herrscht immer und ausschließlich der glückliche Ponyhof. Wir haben es in all den Jahren noch nicht erlebt, dass sich keinerlei Handlungspotenzial aus der Analyse ergibt. Das ist völlig okay und ist ein gesunder Prozess für den Arbeitgeber. Manchmal fehlt es aber an Flexibilität und Bereitschaft, etwas zu tun oder zu verändern, wenn sich ein Wunsch aus der Mitarbeiterschaft herausbildet. Authentizität lebt davon, seine Mitarbeitenden in ihren Äußerungen ernstzunehmen und danach im Rahmen des Möglichen zu handeln. Eine gewisse Schwerfälligkeit in diesem Zusammenhang verhindert bisweilen das erfolgreiche Implementieren der Arbeitgebermarke nach innen.

4. Und immer wieder die Kommunikation.

Stellen wir während der Analysephase fest, dass zum Beispiel die interne Kommunikation besser aufgestellt sein könnte, empfehlen wir Wege, wie der Kunde dieses Ziel erreicht. Bei suboptimalen internen Kommunikationswegen kann der Arbeitgeber die Kernbotschaften der Arbeitgebermarke nicht transparent und nachvollziehbar aufbereiten. Das Ergebnis: kein Mitarbeitender wird verstehen, was das ganze Bohei um diese neue Arbeitgebermarke wirklich soll. Bumms, die Marke ist tot, bevor sie überhaupt den ersten Atemzug machen konnte.

5. Die richtige Perspektive fehlt.

Zudem hält sich ein weiterer Irrglaube hartnäckig: Oft wird die Implementierung der Marke „unter ferner liefen“ in der Prozesswahrnehmung und innerhalb der anzugehenden Prioritäten abgespeichert. Dem ist aber bei weitem nicht so: das Erwecken der Marke ist mindestens so wichtig wie die authentische Basis und das strukturierte Erarbeiten der Arbeitgeberidentität und der Arbeitgeberwerte. Wenn nicht sogar wichtiger. Denn das ist der einzige Weg in die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens als Arbeitgeber, der langfristig Potenzial und Expertise an sich binden möchte.

6. Fehlende MitspielerInnen.

Wenn wir die Arbeitgebermarke raus aus dem Konzeptionellen und rein ins Leben holen wollen, brauchen wir starke Verbündete an unserer Seite. Und das über die Abteilungsgrenzen von Marketing und HR hinweg. Bitte nicht missverstehen: Genau diese beiden Abteilungen benötigen wir unbedingt als Botschafter für eine erfolgreiche Marke, ebenso wie die Geschäftsführung, die eine starke Vorbildfunktion mit Alles-oder-Nichts-Ausschlag diesbezüglich hat. Wenn diese drei Stakeholder nicht geschlossen hinter der Marke stehen, wird es sonst auch niemand tun. Und genau das ist aber entscheidend für das weitere Schicksal der Arbeitgebermarke: ohne das Recruiting, ohne das Onboarding, ohne den Bewerbungsprozess, ohne die Unternehmenskommunikation und ohne die Führungskräfte ist das Projekt zum Scheitern verurteilt. Die Marke muss durch alle Abteilungen hin weg nach innen und außen real werden.

Fazit.

Landet die neugeborene Marke in der Schublade, erfährt niemand, wofür der Arbeitgeber wirklich steht: Wen sucht er, um langfristig am Markt zu sein? Wie grenzt er sich von den heutzutage vielfach allmächtigen Wettbewerbern ab? Was bietet er potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten? In der Versenkung kann die Arbeitgebermarke leider gar nichts für ein Unternehmen tun. Niemand wird sie wahrnehmen, unterstützen oder gar individuell mit Leben erfüllen. Da stellt sich dann die Frage: Einmal ein mittleres Investment für die Tonne oder einmal mittleres Investment plus Summe X, um genau das zu erreichen, was man sich zu Beginn des Projektes auf die wehenden Fahnen des Employer Brandings geschrieben hatte: Ein Unternehmen mit einer einzigartigen Arbeitgeberpositionierung zu sein, das die Menschen anspricht und zu sich holt, die passen, bleiben und den Arbeitgeber zum Erfolg führen.